In der Zeit der größten Not unseres Vaterlandes, als die Versorgung der Bevölkerung mit Bekleidungsartikeln fast ganz aufgehört hatte und der
Kleinhandel keine Waren mehr anschaffen konnte, wurden die Reichskleiderläger gegründet.
In dem Dienst dieses groß angelegten Hilfsverkehrs, welcher gleichzeitig den Kleinhandel und der Bevölkerung dienen sollte, stellten sich die maßgebenden Firmen des Landes und brachten ein Stammregister auf, mit welchem eine Genossenschaft gegründet wurde.
Die Mitglieder beschlossen sofort, auf Gewinn zu verzichten und etwaige Überschüsse für gemeinnützige Zwecke und zwar zur Ausbildung des kaufmännischen und gewerblichen Nachwuchses im Kleidergewerbe zur Verfügung zu stellen.
Schon nach Ablauf des zweiten Geschäftsjahres konnte die Genossenschaft in ihrer Bilanz ein Konto für gemeinnützige Zwecke aufführen und dieses mit 60.000,00 Mark ausstatten.
Vorbehaltlich der Genehmigung unserer höchsten Landesbehörde wollen wir nun eine offene Stiftung für gemeinnützige Zwecke gründen, die sich auf unsere heute rechtsgültig abgeänderten Satzungen, welche hier beigefügt sind, stützt.
Die Verwaltung dieser Stiftung wird in die Hände einer siebengliedrigen Kommission gelegt, die nach § 33 unsere abgeänderten Satzungen gewählt wird. Als Regierungsbevollmächtigten möchten wir unserem Staatsministerium Herrn Regierungsrat Dr. Kiesel in Vorschlag bringen, der sich hiermit erklärt hat, dieses Amt zu übernehmen, vorbehaltlich der Genehmigung der Staatsregierung. Die Verwendung der zur Verfügung stehenden Gelder wird ebenfalls auf Grund unserer Satzung § 33 geregelt und die Herren der Kommission sind verpflichtet, sich an diese grundlegenden Bestimmungen zu halten.
Die Kommission wählt einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter. Bei Abstimmungen müssen wenigstens fünf Mitglieder anwesend sein und die einfache Mehrheit entscheidet. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
Mögen das Zusammenwirken von Regierungsvertreter mit Herren aus dem Kaufmannsstand und dem Handwerk unsere Ziele, tüchtigen Nachwuchs heranzubilden, fördern zum Gedeihen unserer Berufe und damit zum Wohle unseres Vaterlandes.
Diese Urkunde ist in dieser heutigen Mitglieder-Versammlung der Reichskleiderlager Nr. 15 Kleiderversorgungsgenossenschaft e.G.m.b.H. einstimmig angenommen und von den Anwesenden unterzeichnet.
Braunschweig, den 25.März 1920